27.07.2023 - Star Search

Statt morgens um Drei gemütlich auf dem Sofa zu sitzen, Kaffee zu trinken und die Ruhe zu genießen, stand ich diesmal morgens um Drei im Garten, hatte im Rekordtempo mein Equipment aufgebaut und trank nun dort meinen Kaffee. In den Tagen zuvor war es immer dasselbe, elende Spiel: Man denkt, gemäß Wolkenprognose könnte es in der zweiten Nachthälfte eine Lücke geben, stellt sich den Wecker auf halb Zwei und guckt dann völlig desillusioniert vom Balkon auf eine komplett geschlossene Wolkendecke. Diesmal war es andersrum: Ich wachte zufällig 02:44 Uhr auf, stand auf und sah durch die Balkonscheibe, wie Jupiter klar und hell am Osthimmel leuchtete. Ja hallo! Wolkenprognose? Gar nicht reingeguckt, aber bei MDR Sachsen-Anhalt hatten sie viel Regen für Donnerstag angesagt. Uups. Und dann... kam das mit dem Kaffeekochen und dem Rekordtempo. 


Live vor Ort waren die Bedingungen aber doch nicht soo toll, wie anfangs gedacht: Gerade am Osthimmel, der für mich eigentlich sehr wichtig war, waberten Wolkenschmierereien herum. Ich hatte dort noch "Aufträge" abzuarbeiten und war zeitlich schon schwer im Verzug; deswegen trödelte ich auch gar nicht lang herum, sondern wollte sofort loslegen. Die Dämmerung sollte ja auch nicht mehr lang auf sich warten lassen. Aber dank der Wolken... Nada. Mit 9°C angenehm frisch, ein bisschen Wind ging, Seeing miserabel. Als ich gerade im Atlas rumblätterte, raschelte es neben mir im Gras. Je kleiner die Tiere, desto größer das Erschrecken: Es war nur ein Igel, der angetrippelt kam, 2m neben mir sitzen blieb und sich nicht mehr vom Fleck bewegen wollte. Okay… Wenigstens mal nette Gesellschaft. 


Im Bereich Sommermilchstraße war es klar, und so schaute ich mir einen hübschen Sternhaufen im Schwan an, der in der Nähe von Sadr steht und m.E. tausendmal schöner ist als M 29 daneben. IC 4996 fällt in der Übersicht v.a. wegen seiner drei oder vier hellen, eng beieinanderstehenden Sterne im Zentrum auf, aber erst ab 138x gibt er seine Brillanz preis: Da kommen nämlich noch viele, viele weitere Sterne hinzu, die sich ringsumher gruppieren. Alles sehr beengt, sehr dicht; wenn das Seeing nicht so lausig gewesen wäre, hätte es sich gelohnt, mit richtig hoher Vergrößerung reinzuhalten, um das komprimierte Kuddelmuddel in Gänze aufzulösen. Ein bisschen Nebligkeit blieb. Und immer im Fokus, alles dominierend, steht die helle Dreiergruppe in der Mitte. Toller Haufen! Trotz der so-lala Bedingungen ein richtig schickes Ziel.

Das war aber eigentlich nicht das, wo ich hinwollte. Mein Hauptaugenmerk lag bei einem Stern in den Fischen. Die Dämmerung hatte längst zugeschlagen und im Nordosten wölbte sich das einfallende, dunkelblaue Licht immer mehr empor, während der Horizont sich zunehmend heller färbte. Shit. Wenigstens hatten sich die Wolken aufgelöst. Die stachelige Kugel neben mir saß immer noch an Ort und Stelle; vielleicht traute sich der Igel einfach nicht, zu fragen, ob er auch mal durchgucken könnte (hätte er gedurft!). Ich rührte irgendwo rum, konnte die schwachen Sterne von Pisces kaum noch erkennen, und weil ich mich so dämlich postiert hatte, musste ich kurzerhand den Dobson um einen Meter nach links zerren, um bessere Sicht zu haben. Und dann ging es weiter mit dem jämmerlichen Gerühre, während es immer heller wurde und mir die Zeit davonrannte.

Irgendwie war das Feld dann doch eingestellt – Halleluja! Ich suchte nach S Psc. Spektralklasse M7, auf Farbaufnahmen schön rot. Hier nun, im Horizontgeschmiere und in der zunehmenden Dämmerung, blieb davon nicht mehr viel übrig. Der Stern war hell (Glück gehabt, hätte ihn auch voll im Minimum erwischen können, dann wäre 0,0 erkennbar gewesen), aber wegen des Seeings ein kuscheliges Flauschebällchen mit nur leicht orangener Note. Von dem Sterndreieck, in das er eingebettet liegt, war auch nur andeutungsweise eine Ecke zu sehen – den Rest hat der Horizont gefressen. Summa summarum also nicht das, was ich mir erhofft hatte, aber das ist ja auch eine Beobachtung.

Diese sehr kurze Session beendete ich mit Jupiter, was natürlich naheliegend war, denn alles, was im entferntesten Sinne an Deep Sky erinnerte, verschwand zusehends in der Dämmerung. Zitat aus dem Buch: "Fett!" Alle vier Monde zu sehen: Zwei links, zwei rechts. Sehr cool.



Mein kleiner Gast rückte mir bis zum Ende nicht mehr von der Seite, auch nicht, als ich lautstark mit dem Equipment klapperte und alles wieder in die Hütte schleppte. Nee, gelohnt hat sich das alles nun wirklich nicht, aber eine Dreiviertelstunde ist besser als eine Nullviertelstunde.

Und diese Zeilen tippe ich eigentlich auch nur, um diesen putzigen Igel zu würdigen.

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