Bevor es um die Nacht So/Mo geht, noch ein kurzer Flashback auf den Versuch von Sa/So: Von ca. 60min, die ich am Beobachtungsplatz verbrachte, weil ich all meine Hoffnung auf eine große Wolkenlücke setzte, konnte ich ca. 11min aktiv etwas am Teleskop machen, von welchen ich wiederum 6min mit Aufsuchen verplemperte. Die restlichen 5min Beobachtungszeit wurden in die Galaxie
NGC 7664 investiert, die jedoch keine nennenswerten Details preisgab. Ich weiß auch nicht, wie es dieses Objekt auf meine Liste geschafft hat.
Leider waren die Wolken in der Übermacht und es blieb bei diesen 11min Beobachtung, ehe es komplett zusuppte.
In der Folgenacht sahen die Prognosen nicht so viel stabiler aus; gemäß Wetter3 könnte mein Standort in einer "Zirren-Rinne" liegen. Nordwestlich und südöstlich sollten im Laufe der Nacht dicke Zirruswolken vorbeiwandern, die aber dazwischen einen schmalen Streifen klaren Himmels hinterlassen - wäre ja prima. Entsprechend stellte ich mir den Wecker auf 22:10 Uhr, und nach einer geschlagenen Stunde Schlaf fühlte sich das Aufstehen so schwer an wie selten. Kontrollblicke durch diverse Fensterscheiben gaben jedoch grünes Licht, und wenige Minuten später war ich nach draußen verschwunden.
Das Radio bot einen ganz besonderen Leckerbissen an, um mir die Anfahrt zu versüßen; irgendein Oldie-Sender war noch eingestellt und ein beschwingter
Julio Iglesias schmachtete mir aus den Lautsprechern entgegen. "Moonlight Lady, Come along with me, To the bright city lights, It's all right, 'cause tonight's on me..." - Was zum...?! Moonlight Lady, wer soll denn das sein? Als das Auto parkte, war das Lied zuende und es ging nahtlos weiter mit den frühen Jahren der Backstreet Boys. Du liebe Güte. 22:45 Uhr, mit 20°C sehr warm, kurze-Hosen-T-Shirt-Wetter. Ein leichter Wind ging; nicht stark, aber doch spürbar. Er hielt mir die Mücken vom Leib, die mich in der Vornacht noch aufessen wollten. Letzte Wolkenreste zogen gerade ab und dahinter war der Himmel klar, doch die Bedingungen waren sichtbar schlechter als am Donnerstag, was vermutlich an der aufgewühlten, aufgeladenen Atmosphäre aktuell lag. Die Milchstraße - ja, war da; der Schütze war auch da - aber alles sehr blass. Die Lichtglocken der umliegenden Siedlungen und v.a. von Halle waren sehr hoch. Der Himmel sah so ähnlich müde aus, wie ich mich fühlte. Kaffee. Muss irgendwie in die Gänge kommen. Kaffee. Half auch nicht so richtig. Leuchtende Augen in der Dunkelheit schauten mich während des Aufbaus an. Grillen zirpten unentwegt und lullten mich mit ihrem monotonen Schirpen ein. Schnaaarch.
Mit dem ersten Objekt kommt ja meistens auch die Motivation, und da muss natürlich ein richtiger Knaller her. Ein richtiger Reißer.
Kronberger 79. Kennt man ja als ideales Einstiegsobjekt. Ohne zu wissen, dass da was ist, würde man annehmen, dass da nichts ist. In der Übersicht lässt sich ein sehr dezentes nebulöses Wölkchen ausmachen, aus der was Stellares herausblitzte. Bei höherer Vergrößerung war der Eindruck ähnlich, doch zumindest die zwei, drei Einzelsterne bestätigten sich, die von einem diffusen, runden Wisch umhüllt blieben. Bildschöner Sternhaufen, so richtig was für müde Augen.
Na, wenn man bei diesem Anblick nicht munter wird! Ganz in der Nähe gab es mit
Berkeley 47 einen weiteren Sternhaufen, der sich aber wesentlich gefälliger präsentierte. Zitat aus dem Buch: "hübsch eingerahmte Nebulösität". Eine lange, dicht gepackte Sternkette zieht sich von Ost nach West und ein südlich umlaufender, einrahmender Bogen ergänzt das Gebilde zu einem "D". Hübsch! Bei moderater Vergrößerung aufgelöst, aber es bleibt ein nebliger Eindruck hier und da.
Auf dem Hof in der Nähe ging endlich der helle Scheinwerfer aus, der mich schon die ganze Zeit nervte. Die Wolken waren nun komplett abgezogen und immer wieder frischte der unablässige Windstrom auf, der die Blätter im Gesträuch zittern ließ. Dann und wann war noch eine Perseide zu sehen, die über den Himmel zischte und in einem Nachglühen verblasste.
Im Adler war der veränderliche R Aql an der Reihe, der zwischen 5,5 und 12mag schwankt – große Überraschung, was mich im Okular erwarten würde, Leuchtturm oder schwache Funzel. Irgendwas dazwischen kam dabei heraus. Der orangene Lichtpunkt war ähnlich hell wie die östlichen Nachbarsterne, die irgendwas zwischen 9. und 10. Größenklasse aufwiesen. Bei höherer Vergrößerung war die Farbe deutlich intensiver: Orange-orangerot. Sah besser aus als in der Übersicht, aber so richtig riss mich der Kollege nicht vom Hocker.
Etwas südlicher davon hatte ich mir NGC 6781 herausgesucht. Eins der wenigen Objekte, bei denen ich mich mit dem alten 10-Zöller schon an einer Zeichnung versucht hatte… Keine Ahnung, wann; könnte 2010 gewesen sein. Das wollte ich schon länger mal auffrischen. Im 16er sieht der PN nicht so viel anders aus. Der Helligkeitsabfall innerhalb der runden Kugel von Süd nach Nord war sehr stark; im Gegensatz zum 10er ließ sich der hellere Bereich am Nordrand noch weiter verfolgen, sodass sich ein fast geschlossener Ring ergibt. Weder mit noch ohne Filter kam ein Zentralstern zum Vorschein; ohne Filter tauchte noch ein dicht am Rand stehendes Feldsternchen auf.
Dreiviertel 12: Allmählich kühlte mich der Wind etwas aus, sodass der Pulli zum Einsatz kam. Abgesehen von den Grillen und dem gelegentlich durchfahrenden Zug war alles ruhig. Im Adler gab es noch einen schicken Kugelsternhaufen zu bewundern, der hier allerdings unter dem so-lala-Seeing litt.
NGC 6760 zeigte sich sofort als helle, runde Wolke in einem sternreichen Umfeld. Ab 138x grieselten die Randbereiche und bei 380x bröckelte das Zentralgebiet in mehrere körnige Bereiche auseinander; Einzelsterne waren jedoch lediglich in den äußersten Rändern auszumachen. Alles andere war dicht bepackt, kompakt und eng. Schöner KS!
Mitternacht gabs nochmal einen Schluck Kaffee, der mich aber nicht aus meiner emotionslosen Tranigkeit herauszuholen vermochte. Wie war das, hatte Julio vorhin nicht was von den "bright city lights" gesungen? Das passte gut, denn die hoch aufragenden Lichtglocken der Städte waren nicht zu übersehen. Es war dunstig; auch die Okulare beschlugen auffällig oft. Keine Idealbedingungen.
In Ronalds DeepSkyAtlas war eine schöne, aber anspruchsvolle Objektkombi leider nicht verzeichnet, was ich als Skandal empfinde. NGC 7241, eine Galaxie im Pegasus, ist kein sehr schwieriges Objekt, steht aber richtig blöd im gefühlten Nirgendwo. Pi mal Daumen hatte ich mir die Position in die Karte eingetragen und rührte mit dem Teleskop mehrmals das Sternfeld um. Nix. Erst etwas mehr Vergrößerung, basierend auf einer vagen Vermutung, brachte Klarheit: Die Galaxie versteckte sich bei einigen Vordergrundsternen und wurde deswegen von mir zunächst völlig übersehen. Wenn man aber auf die Täuschung nicht hereinfällt, zeigt sie sich als „mittelheller“ Nebel, oval, und mit einer nach Süden verschobener Helligkeitsverteilung. Der hellste Stern behindert die Beobachtung. Keine Details. Spannend war die Sichtung der benachbarten Superthin-Galaxie. Ich erinnere mich noch gut an die beiden Nächte in Kärnten, wo ich mir die Zähne an dem Ding ausbiss, während Norman im 12er von der leichten Beute schwärmte. In den Nockbergen wollte sie sich mir nicht zeigen; später auf der Gerlitzen auch nur mit viel gutem Willen. Die Erfolgschancen für eine Sichtung im lichtverschmutzten Flachland waren demnach überschaubar. Ich sah nichts Eindeutiges. Überall sprangen mich lange, dünne Striche an, aber keiner davon war dauerhaft zu halten. Naja. Die Superthin bleibt auf der Liste für die Alpen im Herbst. Nachfolgend die Zeichnung von NGC 7241 (mit freigelassenem Platz für die Superthin); und das hier ist der kumulierte Eindruck meiner Fehlsichtungen.
Ich glaube, das werde ich nicht nochmal machen - eine Stunde zu schlafen, bevor es losgeht. Der Kreislauf fährt einfach schon zu stark runter. Ein Galaxienduo im Pegasus wollte sich mir gar nicht zeigen. Der Wind hatte sich etwas gelegt, was die Mücken leider wieder auf den Plan rief. NGC 7474 sollte es nochmal herausreißen. „3 Glx, klein, rund“ war meine Notiz im Atlas. Hätte ich nicht meine DSS-Prints zuhause vergessen, hätte ich lieber einen Bogen drum gemacht. Bei 138x sah ich erst nach längerer Beobachtung irgendwas Nebliges dauerhaft und sicher. Ein runder, diffuser Bausch ohne Details, ohne Kern oder Helligkeitsvariationen. In der Nähe erahnte ich einen zweiten Bausch, war mir aber nicht sicher. Die Nachbereitung ergab, dass ich NGC 7474 gar nicht gesehen habe, sondern nur den verschmolzenen Blob aus den beiden benachbarten NGC 7475 und der kleinen PGC 70382.
Apathisch scrollte ich durch den Atlas, in der Hoffnung, irgendwas würde mich noch ansprechen und zu neuem Tatendrang anfeuern. Nix. Die Augen waren zu schwer. Und dann packt man um 01:00 Uhr wieder zusammen, so unangenehm es mir ist, das zuzugeben. Man muss ja frühs auch wieder halbwegs fit im Büro erscheinen. Der smarte Julio hatte gesungen, dass es in California never rains. Ganz im Gegensatz zu hier: Kommende Nacht soll es hier im Saltlandcircle ordentlich rumpeln und schütten. Da kann ich dann schlafen. Bin aber optimistisch, dass diese Augustsaison noch mehr Gelegenheiten bieten wird.