16./17.04.2010 – Ein paar intergalaktische Flusen unter Stadthimmel

Die Tage rund um diesen Termin waren geprägt von einem besonderen atmosphärisch-geologischen Ereignis: Der Ausbruch des Eyjafjallajökull auf Island, der seine Aschewolken weit hinauf schickte. Tagelang geisterte dies durch die Medien. Sogar der Flugverkehr musste eingestellt werden. In Astroforen wurde frohlockt: Endlich mal Nächte ohne blinkende Lichtpunkte und Kondensstreifen! Es musste nur noch aufklaren.


Ab ca. 22:30 Uhr baute ich auf. Ich beobachtete von zuhause aus und stand ein paar Meter vom Hundezwinger entfernt, der die hellen Laternen von Nachbargrundstück abschirmte. Wolkenloser, mittelprächtiger Himmel und das übliche miese Seeing. Die Temperaturen waren noch annehmbar, doch der recht böige Wind störte. Ich hasse Wind.


Die erste Zeit der Session verbrachte ich mit der Zeichnung von M 94 und M 63. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, so viele Messier-Objekte wie möglich festzuhalten, und die beiden Galaxien waren noch nicht archiviert. Ausnahmsweise keine ausschweifende Beschreibung - ich wollte nicht viele Worte verlieren.

Als nächstes suchte ich NGC 4111 auf, was seine Zeit dauerte, obwohl sie sich neben einem helleren Stern befand. In der Übersicht fiel sofort ein Nebelchen auf, kompakt mit hellem Zentrum. Vergrößerung auf 63-fach: Die Galaxie war länglich geformt - Edge-On. Der Zentralbereich erschien linsenförmig und beinhaltete einen flächigen Kern. Bei indirektem Sehen verlängerte sie sich nochmal ein wenig. Im 15er entpuppte sich der nebenstehende Stern als ein Doppelsystem. Wegen des hellen Zentrums ließ sich der stellare Kern eher schwierig herauslösen. Nochmalige Vergrößerung auf 139-fach zeigte den schwachen, umgebenden Halo gut bei indirektem Sehen. Die Enden waren sehr spitz und mir schien die Galaxie in Richtung des Doppelsterns irgendwie abgeschnitten.


Zwischenzitat aus dem Beobachtungsbuch: "Kalllt an den Fingerchen!" Außerdem stellte ich beim Aufsuchen von NGC 4151 überrascht fest, dass Cor Caroli ein Doppelsystem ist. Schön! Das nebulöse Objekt der Begierde verwirrte mich zunächst; war mir nicht sicher, ob ich richtig war. Im 20mm-Okular zeigte sich ein recht heller stellarer Kern, der ringsum von einem runden, schwächlichen, aber dennoch auffälligen Halo umhüllt war.

Die Uhr sagte 23:50 Uhr. Analysierender Blick nach oben: Wolkenlos. Grenzgröße 5,5mag; die Transparenz ist für Stadtbedingungen also okay. Der sehr frische Wind ließ die Seiten meiner Feldliteratur flattern. Das Datum wechselte. Kurzer Besuch von Mars, der sehr dekorativ beim großen Offenen Haufen M 44 im Krebs stand.


Mein nächstes Ziel war NGC 3310, die wiederum leicht zu finden war. In der Aufsuchvergrößerung von 39x zeigte sich die flaue, leicht längliche Galaxie direkt neben einem hellen Stern. Ich korrigierte die Form im 20er auf "doch eher rund". Ein helles Zentrum mit flächigem Kern, wogegen der Galaxienhalo vergleichsweise klein und schwach wirkte. Bei 83x erschien NGC 3310 als runder, struktur- und detailloser Nebel.


Zitat: "Sche*ße, ist das kalt!" Egal, es wird durchgezogen. Als nächstes stand NGC 3184 auf dem Programm. Im 32er ein unauffälliger und scheinbar lichtschwacher oval-runder Nebel ohne markantes Zentrum oder Kern. Sie hob sich nur schwach vom Himmelshintergrund ab und zeigte innerhalb ihrer Fläche keine Helligkeitsunterschiede. 63-fach vergrößert nahm ich etwas Punktförmiges wahr, das jedoch außermittig positioniert war - ich tippte also auf einen Vordergrundstern. Vom Kern keine Spur. NGC 3184 geizte mit Details und war eine schwache Wolke. Deswegen war ich beim nächsten Okularwechsel ganz aufgeregt: "eine Andeutung, ein kleinster Hauch einer Helligkeitszunahme zum Zentrum erkennbar, aber sowas von schwach!"

Die Zeit war vorangeschritten und die Uhr zeigte 00:24 an. Mir war recht kühl und ich wünschte mir einen warmen Wasserbottich her, um die kalten Füßchen darin aufzuwärmen. Das wäre göttlich gewesen! Oder zumindest eine wärmere Hose. Nebenan im Zwinger jammerten die Rottweiler herum.


Nachdem ich NGC 3198 eingestellt hatte, wurde ich ausfallend: "nicht schon wieder son schwaches Sche*ßding?!" Unsicherheit, ob ich an der richtigen Stelle war. Das Objekt war an der Wahrnehmungsgrenze und zeigte sich nach längerer Betrachtung als länglich-ovales Etwas ohne Zentrum oder Kern, geschweige denn Details. Einheitsbrei. Im 20er stellte ich eine frappante Ähnlichkeit mit dem "Ding von eben" fest, nur etwas länglicher und spitzer. Eine leichte Tropfenform, wenn ich mich so weit aus dem Fenster lehnen müsste. Gleicher Anblick im 15mm-Okular: Absolut strukturlos.

Ich suchte noch nach "NGC irgendwas", doch ohne Erfolg. Das Autothermometer sagte 6,5°C, aber es schien deutlich kälter. Abgebaut, reingegangen. Füße in den Wasserbottich.




Ein Beobachtungsbericht von A.-K. Ebeling

Schönebeck, 14.06.2012


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