15.03.2013 - Feldweg-Solo

Alle haben sie mich verlassen. Meine „Gang“ ist zum SFTH gefahren, und ich habe sie sehr vermisst, als ich den Wetterbericht für Freitagabend sah. Ich gönnte ihnen jede klare Minute im Harz, aber was fange ich nun mit mir an? Alleine rausgefahren war ich bisher noch nie, da ich einfach zu viel Bammel hatte; stellte mich stattdessen lieber hinters Haus und nahm die miesen Bedingungen in Kauf. Doch das kommt nicht mehr infrage – ich werds ja wohl noch schaffen, alleine klarzukommen!


Aber wohin? Ich entschied mich für den Standort zwischen Schönebeck und Calbe. Er gefällt mir nicht so gut, doch dort kannte ich mich wenigstens schon aus. Im Laufe des frühen Abends waberten noch einige Wolken über den Himmel. Macht nichts. PANSTARRS war mir egal und der Mond stand sowieso noch viel zu hoch im Westen, also konnte ich mir ruhig Zeit lassen.


Erst um 21:15 Uhr kam ich bei dem Plätzchen an. Nachdem der Motor ausging, empfing mich Stille. Eine eigenartige Stimmung. Allein, im Dunkeln, mitten auf dem Acker. Ich stieg aus und sah mich um. Der halbe Südhimmel war von einem dichten Schleier verdeckt, es war sehr dunstig und die Streulichter der kleinen Ortschaften ragten erschreckend hoch empor. Aber nichts im Vergleich zu der kollektiven Lichtverschmutzung von Schönebeck und Magdeburg im Norden. Sehr übel. Ungünstig sind natürlich auch die Autoscheinwerfer, die immer in irgendeinem Augenwinkel wahrnehmbar waren. Ich war leicht nervös und zögerte mit dem Aufbau. Na, ob ich mich das traue? Wie verhält sich die Wolkenfront im Süden? Erstmal abwarten.


Und die Front zog ab! Nachdem ich in die Gänge kam und mit dem Aufbau zu tun hatte, verflog der Bammel. Der Dobson stand bereit und zu meiner Überraschung passte die Justierung genau, und sogar der Sucher war top ausgerichtet, ohne dass ich eine Schraube berühren musste. Ausnahmsweise passte einfach alles. Anschließend zog ich mich noch einmal ins Auto zurück, um die Polarschuhe anzulegen und den mitgenommenen Kaffee zu trinken. Dies war jetzt schon nötig, weil dieser Becher eine absolute Fehlkonstruktion war und die Wärme abgab, statt sie zu behalten. Das Thermometer zeigte einen Wert von -6°C an, was mir nach der letzten Nacht als recht lauschig vorkam; kälter wurde es nicht. Allerdings wehte ein leichter Ostwind, der „da oben“ auf dem Tritt eine unangenehme Wirkung aufs Gesicht ausübte. Ich freute mich, dass ich den Kofferraum ganz für mich alleine hatte – fast schon wie ein eigenes Büro.


Zielvorgabe? Herschel 400. Viele Objekte fehlen ja nimmer. Um 21:45 Uhr fiel auch schon das erste: NGC 3294. Eine längliche (1:3,5) Galaxie im Kleinen Löwen, die zunächst aber eher flau erschien. Bei 129x zeigte sich keine zentrale Helligkeitszunahme; eine homogene Fläche, die in kurzen Augenblicken jedoch fleckig wirkte. Diese Strukturen waren nicht zu fassen, blitzten aber mehrfach auf. Das westliche Ende der Galaxie schien etwas breiter zu sein. Kurios: Nur wenige Bogenminuten südwestlich von ihr besitzt ein Einzelstern die NGC-Nummer 3291.


Ebenfalls in Leo Minor, jedoch auf der anderen Seite des Dreiecks, lebt NGC 3277. In der Übersicht fiel sie mir zunächst nicht auf, denn sie ähnelte einem Stern mit Hof. Im 14er bot sich dann ein besserer Anblick. Ein helles Zentrum, in welchem ein schwacher, stellarer Kern saß, war umgeben von einer faden und runden Scheibe. Die Galaxie war vergleichsweise klein. Bei 200x schien das Objekt leicht in N-S-Richtung elongiert und der Kern löste sich kräftiger heraus. Strukturen waren Fehlanzeige.


Die Karte zeigte dort in der Nähe einen weiteren NGC-Stern und die Galaxie NGC 3265. Bei 129x sah ich eine fade, diffuse, runde Wolke mit einer flächigen zentralen Aufhellung und einem weiteren „Highlight“, das kompakter war und sich südlich vom Zentrum befand. Ein Stern oder gar ein Lichtknoten?

Ich stieg von der Leiter herab und joggte kurz hin und her, ohne mich allzuweit vom Auto zu entfernen. Der Verkehr hatte sich mittlerweile etwas gelegt. Die Bedingungen waren nicht sonderlich gut; im Süden hing viel Dunst und die Grenzgröße lag eindeutig unter der magischen 6,0-Grenze. Die Lichtglocke im Norden war mörderisch hell und erhob sich weit über die Pappeln. Ich sah die Ampel einer weit entfernten Kreuzung, die meist auf Rot stand.


Okay, weiter geht’s. Schwenk in den Großen Wagen, wo noch immer einige Objekte ihrer Sichtung harrten. Aber, oh Gott, Zenit! Das bedeutet wieder „Leiter“. Trotzdessen war die Suche schnell erledigt und NGC 4036 zeigte sich mit ihrer Nachbarin 4041 im Okular. Sie war länglich geformt und geringfügig heller. Im 14er: Schön!! Die Galaxie zeigte sehr klare, definierte Konturen und ein kräftiges Zentralgebiet. O-W-liegend, ein Achsenverhältnis von 1:4. Bei 200x beeindruckten die klaren Grenzen und der stellare Kern setzte sich gut ab.


Von NGC 4041 zeigte sich ein rundes, flächiges, homogenes Zentralgebiet ohne Kern, das von einem ebenfalls runden, diffus abgegrenzten Halo umgeben war. Dieser wirkte bei indirektem Sehen weit ausgedehnt. Die Galaxie machte im 9er einen unruhigen Eindruck, ohne, dass sich die Strukturen näher definieren ließen. Ich bildete mir im Südteil eine hauchzarte Kante ein und investierte weitere Zeit, weil ich unbedingt die wagen Details fassen wollte. Der Halo erschien irgendwie verschachtelt oder schalenförmig, aber sicher war ich mir nicht.


Aua, die Füße taten weh und ich lief noch einmal durch die Gegend. Die entfernte Ampel zeigte schon wieder rot und die Fernlichter der Autos blendeten unangenehm. Verdammt, ich war schon müde und wusste, lange bleib ich wohl nicht mehr hier. Die Bedingungen waren immer noch mies, auch wenn sich der horizontnahe Dunst etwas verzogen hatte. Die Sterne des Bärenhüters waren endlich zu erkennen.


In der Nähe von M 109 liegt die Galaxie NGC 3953. Als sie im Okular auftauchte, war ich überrascht: Hey, wow, was für ein Riesending! Eine große und helle Galaxie, die sich vor ihrer prominenten Nachbarin nicht verstecken muss. Bei 129x zeigt sich ein stellarer Kern, von dem aus die Helligkeit nach außen hin gleichmäßig abnahm. Das Zentralgebiet erschien länglich, Ein Achsenverhältnis von 1:3 und N-S-stehend. Mehrere schwache Vordergrundsternchen deuteten sich an. Dieses Objekt erinnerte mich etwas an eine kleine Ausgabe von M 31.

Da in der unmittelbaren Umgebung von NGC 3953 noch ein kleines Pärchen stand, gönnte ich mir noch diese letzte Sichtung. NGC 3917 (laut Karte mit dem Zusatz „A“) war eine auffällige, langgestreckte Lichtnadel mit einem geringfügig helleren, länglichen Zentralgebiet. Nördlich von ihr sah ich NGC 3931 als ein kompaktes Knäuel. Zu den beiden Hübschen machte ich mir keine Notizen, weil der störrische Kuli schon wieder meinen Blutdruck in die Höhe trieb.

Und so war es 23:45 Uhr, als ich den ganzen Trödel abbaute, ins Auto verstaute und zurück nach Magdeburg fuhr. Obacht, nicht am Steuer einschlafen! Das ist manchmal kritisch. Fazit dieser kurzen Beobachtung: Ja, man kann allein rausfahren. Man hat viel Platz, ist konzentrierter am Werk, kann abhauen, wann man will… Aber es macht nicht mal ansatzweise so viel Spaß.

 



Ein Beobachtungsbericht von AKE

16.03.2013

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