02.10.2013 - Vom Winde verweht

Schon seit einer Weile fegt der Ostwind über die Lande, und entgegen seiner normalen Tendenzen, während der Nacht komplett abzunehmen, blieb er immer leicht vorhanden. Aber es war ja bisher ganz akzeptabel, sodass ich mir darüber keine Sorgen machte. „Wird schon!“



Als wir in der späten Abenddämmerung losfuhren, war kein Wölkchen zu sehen und die Nacht versprach, richtig gut zu werden – wenn, ja, wenn da nicht der starke Wind wäre… Gegen 19:45 Uhr bezogen wir die Stellung auf dem gemähten Grasstreifen und bauten die Geräte auf. Früh kam die strukturierte Milchstraße raus – ein Traum! – und zeigte die schon gute Transparenz an. Das Maisfeld war ein einziges Meeresrauschen und die Kolben wogten hin und her. „Der Wind wird bestimmt noch abflauen“, sagte ich hoffnungsvoll und glaubte zu diesem Zeitpunkt noch selber dran. Die Zeit bis zur endgültigen Dunkelheit vertrieb ich mir mit Laufen und dem Reparieren meines SQMs.

Die Nacht wollte ich einläuten mit den restlichen Objekten, die auf der D1-Karte im is-Atlas verzeichnet waren. Ruprecht 172, kurz Ru 172, war ein Sternhaufen, der sich bei 129x als sehr kleine, schwache, runde Wolke zeigte und von vielen helleren Feldsternen umgeben war. Er wirkte unruhig, ließ sich allerdings nicht auflösen, was sich bei höherer Vergrößerung ebenfalls nicht änderte. Im Gegenteil – hier löste sich gar nix auf, weil das Teleskop derart zitterte, dass ich die Sterne nicht gescheit fokussieren konnte. Okay, das ist also die große Schwierigkeit, wenn es windig ist. Bisher hatte ich nur das Problem, dass mir die Zettel davonflogen, aber beobachten ging trotzdem irgendwie… Oh je. Immer diese erschreckenden Wahrheiten… Die Wolke von Ru 172 schien zweigeteilt, wobei die hellere Hälfte im Norden, südlich eines Feldsterns lag. Der andere Teil sah länglich aus.

Ich krieg die Krise“, lautete die Notiz im Buch. Der Dobson machte Krach, während der Wind unerlässlich gegen den Hut donnerte. Vergeblich suchte ich Kronberger 73 – nichts zu sehen – und noch irgendetwas, was ich mir, vor lauter Gnatz, nicht notierte – nichts zu sehen. Um Himmels Willen. Und kalt war es obendrein. Uwe klagte ebenfalls; seine Aufnahme von der Nebellandschaft um Gamma Cas fiel den widrigen Bedingungen zum Opfer.


Irgendwo im Atlas gabelte ich noch den Haufen Berkeley 86 auf. Wenigstens ein Erfolg, um die Motivation aufrechtzuerhalten, die sich im stetigen Sinkflug befand. Das nette Objekt setzte sich gut vom Hintergrund ab und vereinbarte viele Sterne unterschiedlicher Helligkeiten. Es war ein großer Ring aus 17 oder 18 Mitgliedern, deren Anordnung mich an die Wunderlampe aus „Aladin“ erinnerte.

Die Seiten flatterten, das Papier knickte sich, der Kuli machte sich selbstständig… Verdammt nochmal. Das ist doch völlig sinnlos hier. Der Wind machte keine Anstalten, nachzulassen und ich hatte die Schnauze voll. Was nützt die beste Transparenz, wenn das Teleskop derart heftig vibiriert und selbst 150-fache Vergrößerung schon zu viel ist? Ich kauerte genervt im Kofferraum und hörte zu, wie der Wind an der Karosserie riss. Uwe machte unbeirrt weiter und wollte noch den Encke-Kometen erwischen, aber dieser wurde Opfer der zu geringen Höhe. Dafür konnte er einen schönen M 17 vorweisen, den er anfangs nur zum Justieren herangezogen hatte. Gewissermaßen ein „Abfallprodukt“, aber immerhin!

Ich weiß gar nicht, wie lange wir noch dablieben; wie lange ich noch im Kofferraum rumlag. Es war jedenfalls noch nicht mal Mitternacht, als wir die Sitzung abbrachen. Schade um den wirklich schönen Himmel… Aber weder ließ der Wind nach, noch kehrte meine Motivation zurück.

 

 

Ein Beobachtungsbericht von AKE

Magdeburg, 04.10.2013

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