Ein wunderschöner, sonniger Samstag, an dem man sooo viel hätte machen können – aber ich habe die Hälfte davon verpennt. Zum fünften Mal innerhalb einer Woche verabredeten wir uns zum Astro-Meeting bei Hobeck. Auch in der Nacht von Samstag zu Sonntag versprachen die Prognosen gutes Wetter und die Entscheidung zum Rausfahren fiel uns nicht schwer, obschon sich eine gewisse Schlappheit breitgemacht hatte.
Es war von Anfang an wolkenlos, doch noch immer hing dieser Siff der letzten Tage entlang der Horizonte herum, sodass schmierige Wolken den Blick trübten. Dadurch sollten später die Lichtglocken der umliegenden Städte besonders hoch hinauf ragen. Am Beobachtungsplatz angekommen, war nicht nur Thomas vor Ort, sondern auch eine Katze, die auf dem Feldweg hin- und herlief und mit uns nichts anzufangen wusste. Nach kurzer Begrüßungsplauderei bei milden 18°C und leichtem Wind, der tendenziell abflaute, widmeten wir uns den üblichen Pflichten. Es hatte sich mittlerweile eine gewisse Routine eingestellt und das Aufbauen und Einrichten des 16-Zöllers ging so schnell wie noch nie. Und schon lag alles bereit; es musste nur noch dunkel werden. Bis dahin saß ich bei Uwe und Thomas herum, überwachte das Aufstellen ihrer eigenen Gerätschaften und wartete. Es schwirrten nur noch vereinzelte Mücken umher – eine Wohltat für Ohren, Haut und Nerven! Eigentlich genieße ich die nächtliche Ruhe bei der Beobachtung, aber ausnahmsweise stand mir der Sinn nach musikalischer Berieselung. Und so lag das aktivierte Handy-Radio auf der Leiter und der Radio-Brocken-Kulthit-Mix dudelte leise vor sich hin.
Heutiges Zielgebiet war die Adler-Region und das erste Objekt stellte sich als kleiner Brocken heraus. Steine 17 war bei moderater Vergrößerung eine vergleichsweise schwierige, schwache, aber eindeutige und längliche Wolke. Nicht aufzulösen, aber bereits „grieselig“. Ein Mitglied sticht sofort heraus, doch insgesamt machte das Objekt einen armen Eindruck. Im Südteil schienen sich noch ein paar schwache Sterne zu verstecken. Selbst bei 200x war kein „Haufen“ zu erkennen, aber aus dem Gebilde lösten sich weitere Einzelsterne. Der neblige Schein blieb.
Es war bereits nach Mitternacht, 00:20 Uhr, und aus der Ferne, aus Richtung Möckern, ertönte mehrfach ein dumpfes Grollen und die tiefen Wolken, die über dem Maisfeld schwebten, leuchteten immer wieder auf. Muss wohl ein riesiges, lautes Feuerwerk gewesen sein, aber im ersten Moment dachten wir wohl alle an eine plötzliche Kriegsübung. Thomas ulkte: „Vielleicht hat da einer Geburtstag.“
Crinklaw 1 war ein lustiges Objekt. Es fiel nicht wirklich auf, wenn man nicht wüsste, dass es da war, aber an betreffender Stelle konnte man ihn durchaus erkennen. Es bestand aus einer langen, O-W-ausgerichteten Kette im Nordteil, und einer kurzen Kette im Südteil. Die Mitglieder waren nahezu gleicher Helligkeit, stachen aus der Umgebung aber kaum hervor. Bei 129-facher Vergrößerung war ich überrascht, dass der Haufen reicher war als ich anfangs dachte, denn es erschienen viele schwache Mitglieder. Crinklaw 1 löste sich schön in über 20 Sterne auf, aber die beiden erwähnten Ketten dominierten den Anblick.
Weiter ging es mit Teutsch 1901-10, einem großen und losen Haufen mit einigen hellen Sternen. Vor allem eine markante Dreierkette am Südostrand fiel ins Auge. Die Gesamtformation erinnerte mich an ein flaches Haus und ich schätzte die Zahl der Mitglieder auf knapp 20. Das Objekt fiel in seiner Umgebung sehr gut auf; es ließ sich also durchaus als Haufen identifizieren. Bei 129x bot sich der beste Anblick und es kamen viele weitere schwache Sterne hinzu. Während der Zeichnung spielte Radio Brocken „T.N.T.“ von AC/DC, was nach dem ganzen Schrott, der bisher lief, endlich mal ein richtiger Kulthit war.
Nachdem ich Uwe vorschlug, NGC 6751 und Pothier 19 zu fotografieren, die ich am Vortag beobachtet hatte, machte ich mit Pothier 20 weiter. In der Übersicht eine schwache, aber auffallende und in O-W-Richtung langgestreckte Wolke. Die hellsten Sterne zeigten sich im Westteil des Haufens, doch die meisten standen in der östlichen Hälfte. Bei höherer Vergrößerung bestätigte sich dieser Eindruck und dieser tolle Haufen löste sich in 10-12 Sterne auf.
Die Bedingungen waren nicht so gut wie in der Vornacht und das SQM-L gab einen Wert von 21,00 aus. Die Horizonte zeigten überall mehr oder weniger helle Glocken, was an der hartnäckigen Wolkenschmiere lag. Es war 01:50 Uhr. Nur noch vereinzelte Mücken sausten um meine Ohren, die ich aber wegen der Musik sowieso kaum wahrnahm. Leider spielte Radio Brocken nun vermehrt Techno-Party-Rap-Gedöhns; Mückensummen wäre mir fast lieber gewesen… Der Wind, der anfangs noch leicht wehte, hatte komplett nachgelassen.
Patchick 60 war gut aufzufinden, da er südwestlich einer hellen Dreierkette stand, zeigte sich allerdings zunächst als fades Nebelchen. Bei 129x löste es sich auf und die Einzelsterne formten einen Pfeil, dessen Spitze sich bei indirektem Sehen auszudehnen schien. Da waren also noch ein paar schwächere Sterne versteckt. Die beiden hellsten Mitglieder befanden sich im „Stiel“ des Pfeils.
Während Uwe schon langsam mit dem Abbau begonnen hatte und mit Kamera + Stativ umherzog, und ich aus der Ferne das fade grünliche Licht von Thomas‘ Display erkannte, wollte ich die letzten beiden Objekte des heutigen Fahrplans abarbeiten, doch sie waren nicht zu sehen. Lag einerseits an den mauen Bedingungen, und andererseits an meiner eigenen nachlassenden Kondition. Nach dieser schlafdefizitären Woche spürte ich die Müdigkeit mehr denn je. Da es sowieso schon wieder dämmerte, beließ ich es bei dieser Ausbeute und surfte zum Abschluss ein paar Standardobjekte an. Mein All-Time-Favorite-Haufen NGC 6940, den ich im neuen Teleskop noch gar nicht kannte, war es würdig, die Ehre des Finalobjektes zugeteilt zu bekommen.
Ab 02:30 Uhr baute ich dann ebenfalls ab. Es ist kühl geworden, 11°C, und die Autoscheiben waren leicht beschlagen. Wir nahmen fürs Erste Abschied von Hobeck, denn die Juli-Saison, die sich als erfreulich ertragsreich herausstellte, war nun vorbei. Die nächste Gelegenheit zur Beobachtung wird wohl erst im August sein, und bis dahin muss ich endlich wieder meinen Schlafmangel ausgleichen.
Ein Beobachtungsbericht von AKE
Magdeburg, 14.07.2013