05.03.2013 - Halbe Sachen

Danke, oh du lieber heimtückischer, spontaner Infekt, der du mich so hinterhältig überfallen hast. Nachdem ich den kompletten sonnigen Montag (und die sich anschließende klare Nacht) verschlafen hatte, wollte ich am Dienstag alles doppelt und dreifach nachholen. Aber so richtig fit war ich trotzdem nicht.


Gegen 19:45 Uhr erreichten wir den Werktags-Standort: Ein betonierter Feldweg zwischen Schönebeck und Calbe. Dort ist es nicht unbedingt ideal, da die Autoscheinwerfer auf der nahen Landstraße im Südwesten arg stören und die Fahrgeräusche kontinuierlich herüberwehen. Ringsum waren viele kleine Lichtglöckchen von vielen kleinen Dörfchen zu sehen. Und über einem Feld im Südosten hing eine verschwörerische Dunstwolke. Aber dafür, dass man nur 5 Minuten unterwegs ist, ist es wirklich okay. Und das Wetter war auch brauchbar. Klarer Himmel, recht gute Durchsicht. Es war außerdem sehr ungewohnt, mal wieder bei Plusgraden aufzubauen, ohne sich bereits vor der Beobachtung die Finger am Metall festzufrieren. Leider litt die Horizontsicht unter leichtem Dunst und den Autolichtern - und ich wieder unter Kopfschmerzen. Egal. Soll ja gesund sein, wenn man an der frischen Luft ist.


Der Kampf mit den Hindernissen war jedoch ungewohnt hürdenreich. Die Justage dauerte länger als üblich, der Sucher trieb mich in den Wahnsinn, der Spiegel hatte noch immer Zimmertemperatur und meine Ungeduld mit dem Objektaufsuchen schien unermesslich. Die tiiiefen Offenen Haufen im Achterdeck waren genau dort, wo der Berlingo parkte. Super. Irgendwo bellte ein Hund. Mir doch egal.


Ich schwenkte in den Hasen, in Erinnerung an meine Carbonsterne, und suchte R Leporis auf, der über der hellen Landstraße seine Kreise zog. Hm, naja, irgendwie kam der schon besser. Zwar sehr auffällig, aber eher orangefarben, denn rot. Aber immerhin konnte ich ihn noch erwischen, bevor sich Lepus in die Sommerpause verabschiedet.


Eine Herschel-Galaxie stand dort auch noch aus: NGC 1964. Durch den noch warmen Hauptspiegel kamen alle Sterne wie Bälle daher - jeder von ihnen hätte eine E0 sein können. Aber da gabs trotzdem einen noch diffuseren Nebelhauch, der sich nach zähem Ringen und mit indirektem Sehen matt aus dem Hintergrund heraushob. Er befand sich südlich eines spitzen Dreiecks. Den hellen Kern hätte man mit einem Stern verwechseln können.


Ab, hoch in den Orion. Da war auch noch was. NGC 1788, keine 2° nördlich von Beta Eridani, ein Reflexionsnebel. Schon in der Übersicht sofort als helle Wolke erkennbar, die sich südöstlich von einem Vordergrundstern abspreizte und leicht keilförmig aussah. Im 14er zeigte sich im Ostende eine weitere Aufhellung. Ob es ein Lichtknoten oder ein anderer Stern war, traute ich mich nicht zu beurteilen. Der Rest dieses länglichen Nebels war wesentlich schwächer und lief diffus und lief zart in den Hintergrund aus.


Mit wachsendem Kopfweh steuerte ich NGC 1999 an, der sich in prominenten Gefilden befindet, südlich vom Orionnebel. Bei 129x ein auffälliger runder Nebelball mit hellem Zentrum. Wird wohl ein Stern sein. Die Westkante erschien mir deutlich schwächer ausgeprägt, doch sonst grenzte sich das Objekt gut ab. Im 9er ging mir dann ein Lichtlein auf: Ach, dieser komische Schlüssellochnebel. Das ist ja eine Überraschung. Aus dem Westteil ragte schräg eine dunkle, längliche Struktur ans Zentrum heran. Sehr nett.

Die Offenen Haufen waren inzwischen hinter dem Berlingo hervorgewandert und ich konnte NGC 2527 aufsuchen. War jedoch eine echte Enttäuschung. Ein ziemlich großes und loses Teil, deswegen unauffällig und wie zufällig wirkend. Es zeigte sich ein Haufen in Sechseckform mit wenigen schwachen Mitgliedern. Bei 129x präsentierte er sich kaum besser. Etwa 25 Sterne. Immerhin ein nettes Detail: Entlang der Südwestkante des Sechsecks reihte sich eine Kette schwacher Sterne auf. Der Haufen war aufgelöst.


NGC 2567 sollte als nächstes dran glauben, doch nun versteckte sich dieser hinterm Auto. Was für eine bescheuerte Region! (Oder was für ein bescheuertes Auto?) Glücklicherweise gab es noch einen OH im Achterdeck, der etwas weiter höher seine Bahnen zog: NGC 2539. Ein absoluter Klassenprimus seiner Zunft! Ein großer Cluster bei 19 Puppis, der aus vielen schwachen Sternen bestand. Sehr reich und unzählbar. Irgendwie schuhförmig. Es zeigten sich keine markanten "Ausreißer"; die Mitglieder hatten alle nahezu dieselbe geringe Helligkeit. Sie waren wirr und unregelmäßig verteilt. Ein toller Haufen! Und den kannte ich tatsächlich noch nicht?! - Haha, doch. Aber er war noch nicht von der Liste weggestrichen. Meine Güte, wie dämlich.


Trotz dieses positiven Highlights spürte ich die Müdigkeit - dabei war es erst 22:00 Uhr. Ich war einfach noch nicht ganz auf der Höhe. Der einsetzende Frost hatte schon Zubehör und Autoscheiben beim Wickel; die Nachtwelt begann wieder mit ihrer großen Glitzershow. Naja, immerhin ein paar neue Herschels abgehakt... Aber bei weitem nicht alles, was auf der Liste stand. Beim nächsten Mal wirds besser!

 



Ein Beobachtungsbericht von AKE

Magdeburg, 06.03.2013

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