Das ist jetzt eigentlich alles gar nicht der Rede wert. Aber, der Vollständigkeit halber und so...
Den April hatte ich eigentlich schon abgeschlossen. Aus, finito, da geht nix mehr - Mond, Wetter, und so weiter. Umso ratloser sah ich die Wolkenprognose für Dienstag/Mittwoch: Es sollte in der Nacht aufreißen. Tolle Wurst. Genau dann, als es mir am allerwenigsten passte. Der bewährte große Raumgleiter stand mir nicht zur Verfügung, denn der war voller Steine, und in meinen kleinen C1 passt das Teleskop nicht rein. Was bleibt also übrig? Genau, der Garten. Der gute alte Garten. Für das, was ich vorhatte, reichte der aber aus. Das geht natürlich auch am schnellsten. Und da war man wenigstens halbwegs windgeschützt.
Kurz aufgewacht um Mitternacht: Bewölkt, puh, Glück gehabt, weiterschlafen. Weckerklingeln um 01:30 Uhr: Es lockert gerade auf. Oh nee. Erbarmungslose Snooze-Funktion um 01:45 Uhr... Ja ja, ist ja gut, ich stehe doch schon auf... Letzte Wolkenreste ziehen ab. Ups. Der 32%-Mond stand noch im Westen, sollte bald untergehen. Okay. Ich versuchte, mir die Sache schönzureden. Andere haben nur einen Balkon zur Verfügung, Andere sitzen mitten in der Innenstadt. Andere wiederum sitzen unter einer geschlossenen Wolkendecke... Da ist so ein wolkenloser Garten der pure Luxus. Klappe halten, warm anziehen und raus an die frische Luft. Mit 4°C war es noch überraschend angenehm. Windstill, klar, aber leider auch feucht. Die Autobahn rauschte, der Bach plätscherte. Die Milchstraße setzte sich leicht vom Dorfhimmel ab. Gegen 03:00 Uhr war ich einsatzbereit.
Erstes Objekt, was ich mir angucken musste, war der symbiotische Stern CH Cygni. Der hat einen interessanten physikalischen Hintergrund, der mich aber gerade überhaupt mal so gar nicht interessierte; wichtig war, wie er im Okular aussieht. Naja. Leicht zu finden, deutlich orange, aber nicht übermäßig intensiv. Bei 138x kam die Sternfarbe etwas besser heraus; der Mega-Tipp war er allerdings wirklich nicht.
Danach der Schwenk zum benachbarten Sternhaufen NGC 6811. Hole in a cluster, der Haufen mit Loch. Das 14er-Okular war noch drin, und der Haufen war eigentlich schon zu groß für dessen Gesichtsfeld. "Sternreiches Monster", notierte ich. Während der Zeichnung galt es aufzupassen, denn man kam schnell durcheinander.
Als nächstes stand Abell 61 auf der Liste. Das ideale Objekt für lichtverschmutzte Himmel. Na klar. Nein, der Versuch, ihn zu beobachten, war nicht wirklich ernst gemeint, aber ich wollte es trotzdem probieren. Ich hatte kein Bild im Kopf und wusste nicht, wie das Sternumfeld aussah. Ich gönnte mir einige Minuten der Beobachtung und meinte, an einer bestimmten Stelle einen nebligen Geist aufleuchten zu sehen. Erst unsicher, aber er tauchte dann immer öfter auf, und immer an der gleichen Stelle. Formlos, schwach, nicht dauerhaft haltbar. Ich skizzierte grob das Umfeld und die Position dieses schemenhaften Hauchs... Und darf, nach ernüchternder Betrachtung des DSS-Auszugs, stolz verkünden: Das war nix! Eine kleine, enge Sterngruppe liegt an der skizzierten Stelle. Nicht weit weg vom PN, aber eben auch nicht übereinstimmend. Wunderbar, so gefällt mir das. Und dafür verplempert man wertvolle Beobachtungszeit.
Ähnliches gilt für den nächsten Stopp: RT Cygni. Nix. Ein blöder Tipp. Ich hatte eine Vermutung, wo der Stern sein sollte, aber ich sah nichts Rotes oder Orangefarbenes oder sonst irgendwie Spannendes... Es ging auf 04:00 Uhr zu und es wurde plötzlich kalt; die Temperatur fiel auf 0°C. Anschließend stand der Haufen
Berkeley 90 auf dem Zettel. Bei 138x: Total unscheinbar. Östlich von einem hellen Sternpaar lag ein markantes "Kreuz", welches von ein paar schwachen Mitgliedern umsprenkelt war. Insg. vielleicht 15 Stück. Ohne Positionskenntnis hätte ich nicht vermutet, dass das ein Cluster sein sollte. Sehr blass, kein Haufencharakter, verliert sich im Hintergrund. Absolut kein Tipp! Den werde ich in Zukunft weiträumig umfahren.
Der MZ-Briefdienst fuhr durch und klapperte sämtliche Postkästen ab; heute gabs schließlich die Mittwochszeitung. Das letzte Objekt riss die hundsmiserable Bilanz wiederum etwas raus: Der Carbonstern V Cygni. Erster Blick durchs Übersichtsokular: "Oh, der ist geil!" Sofort stach ein tief karminroter Stern heraus; da sein Umfeld eher sternarm ist, wirkte er umso markanter. Krass. Schönes Teil! Dafür hat sich das Aufstehen gelohnt.
Blick auf die Uhr: 04:09. Die Morgendämmerung kam schneller rein als erwartet. Dachte, ich hätte noch eine halbe Stunde, aber Pustekuchen; der Osthimmel färbte sich tiefblau und die Milchstraße verblasste schon. Na gut. 04:14 Uhr: Beginn Abbau; 04:23 Uhr: Wohnung betreten. Die Stunde im Garten kam unverhofft und war ein netter kleiner Bonus, den ich für letzte "Auftragsarbeiten" gut gebrauchen konnte. Vier nächtliche Einsätze im April, das war mehr, als ich vorher zu träumen gewagt hätte. Aber die Wetterprognosen für die kommenden Tage sind schlecht und der Mond stört zunehmend; deswegen heißt es an der Stelle nun wirklich: Aus, finito, da geht nix mehr.