Im Zuge des SFTH (Sternfreundetreffen Harz) reisten einige Sternfreunde, vorwiegend aus der Magdeburger Gegend, für ein Wochenende ins "Forsthaus Todtenrode", um gemeinsam in Astro-Feeling zu schwelgen. Die Wetterprognosen versprachen ein paar klare Stunden für die Nacht; doch auch tagsüber war es schön und der Sonnenschein lud zu kleinen Wanderungen ein.
Ich selber hatte kein Gerät dabei. Der Zehnzöller blieb zuhause. Wir waren getrennt. Ahh! Grund dessen war: Der bekannte und fähige Spiegelschleifer Thomas Heising hatte im Vorfeld versprochen, seinen 14"-Selbstbau-Dobson mitzubringen und ihn mir für unbestimmte Zeit zu leihen. Ich nahm das Angebot an - nach Adam Ries sind 14 eindeutig mehr als 10.
Am ersten Abend stellten wir uns schon früh auf die weitläufige Beobachtungswiese, um noch in der Dämmerung die Gerätschaft aufbauen zu können. Ich jedoch konnte erstmal nur zugucken, denn Thomas kam erst viel später angefahren, und der hatte ja das Teleskop dabei. Geduldig (und ein ganz klein wenig stolz auf seine Erfindung) erklärte er mir den Aufbau, doch ich, als absoluter Anti-Mechaniker, war froh, als das Teil einfach nur fertig dastand und ich loslegen konnte. Die Aufzeichnungen starteten ab 21:40 Uhr, bei feuchter und kühler Luft, aber einer guten Transparenz.
Pflicht war es, M95 anzuvisieren, die nicht nur in der Nähe vom roten Mars stand, sondern auch aktuell von einer Supernova geziert wurde. In der Übersicht sah man M95 schön zusammen mit ihren Nachbarn. Der "fremde" Punkt war sofort nahe des Kerns erkennbar. Im 26er war ein runder Nebel mit einem hellen stellaren Kern zu sehen. Südöstlich des Zentrums befand sich die Supernova, die schwächer als der Kern erschien und zu der Zeit eine Helligkeit von ca. 13mag aufwies. Die Übergänge von der Galaxie in den Hintergrund waren fließend.
Es dauerte eine Weile, ehe ich NGC 4030 gefunden hatte, denn die Handhabung des kleinen Leuchtpunktsuchers ist ungewohnt. Überflüssige Elektronik! - Aber zur Sache. Im 32er fiel die runde Galaxie sofort auf und zeigte sich eingebettet zwischen zwei markanten Sternen und mit einem hellen Zentrum. Höher vergrößert beschrieb ich die Form als "nahezu kreisrund" und mit klaren Grenzen, doch bei indirektem Sehen wirkte sie etwas länglich. Es war nur ein zarter Kern erkennbar. Eine weitere Vergrößerung durch das 15er-Okular zeigte ein rundes Zentrum mit einem schwachen stellaren Kern. Abschließend eine Notiz: "2 Spiralarme, die diffus nach N/S auslaufen?" - Tatsächlich besitzt diese Galaxie zwei etwas markantere Spiralen, die sich allerdings O-W orientieren. Vielleicht habe ich mich mit den Richtungsangaben getäuscht.
Weiter gehts mit der auffälligen NGC 4179. (Seltsam, mit 14 Zoll ist alles "auffällig") Sie befindet sich am Ende einer kleinen, markanten Sternkette und ist rundlich-kompakt mit einem hellen Zentrum. Sie machte zudem einen linsenförmigen Eindruck. Im 15er zeigte sich ein rundes Zentrum, das im linsenförmigen Halo eingebettet liegt. Dort endet plötzlich die Beschreibung mit den Worten "werde unterbrochn". Wovon oder von wem ich "unterbrochn" wurde, kann ich jetzt allerdings nicht mehr nachvollziehen.
Ebenso kryptisch ist die erste Bemerkung, die ich zu NGC 4261 notierte: "Am Rande des Wahnsinns!" Was war los? Ich befand mich mitten im Virgohaufen, das war los! Gewusel ohne Ende! Im 32er war sie auffällig und bei einer Sternkette stehend. Die Vergrößerung offenbarte eine detaillose, rund-ovale (1:1,5) Galaxie mit einem stellaren Kern. Nebenan präsentierte sich die Nachbarin NGC 4264 als zartes Nebelbällchen. Im 15er erschien der Zentralbereich von NGC 4261 hell und rund und von einem relativ schwachen, ovalen Halo umhüllt, der sogar die kleine Begleiterin tangiert. Die Übergänge waren zartfließend.
Schlag auf Schlag ging es weiter mit Herschel 400. NGC 4273 zeigte sich im 15mm-Okular zusammen mit NGC 4270 und 4281 in einem Gesichtsfeld. Ich war positiv überrascht von diesem Anblick! Drei Nebelchen. Erstgenannte war oval mit einem nahezu gleichhellen Zentrum. Entkernt. Die Form 1:2,5 und mit abgerundeten Enden. Im direkten Vergleich war sie etwa so hell wie NGC 4281, allerdings etwas kompakter. Diese wiederum wirkte von diesem Trio am größten. Ovale Form mit einem Achsenverhältnis von 1:3. Sie besaß einen schwachen stellaren Kern, von dem aus sie gleichmäßig in den Himmelshintergrund auslief. D.h. ohne das "klassische" Zentrum. NGC 4270, die dritte im Bunde, erschien als das kleine Nesthäkchen. Die kleine dicke Schwester: Recht kompakt mit leichter Kastenform. Das Zentrum war länglich-flächig, beinhaltete allerdings keinen Kern. Die Übergänge nach außen waren schwach, wirkten aber dennoch irgendwie abrupt.
Next one: NGC 4365, die mich ob ihrer Helligkeit und Größe überraschte. Im 15er erschien die Galaxie rund-oval und besaß diffuse und unklare Konturen. Das flächige Zentrum präsentierte sich sehr hell und zeigte einen markanten Kern. Das Objekt schien von einem schwachen Glühen umgeben.
Es war mittlerweile 23:15 Uhr. Die Handhabung des großen Dobsons ging nun schon besser vonstatten. Jemand führte in der Nähe Selbstgespräche, meine Zehen waren kalt und einige Leute hatten bereits wieder abgebaut. Störend waren dabei oftmals die gleißenden Autoscheinwerfer, die beim Vorbeifahren die mühselige Dunkeladaption ruinierten.
Die runde NGC 4442 lag in einer "blöden Gegend", fiel aber trotzdem problemlos auf. Ein stellarer Kern, aber sonst keine Details. Ablenkung durch ein paar nicht näher spezifizierte Leute. Das Okular beschlug. Wechsel auf das 20er, und die Erkenntnis: "da sind ja noch mehr Glx! ahh!" Oh Gott, was für ein Gewimmel. NGC 4442 besaß nach wie vor ein starkes Zentralgebiet und einen "punktigen" Kern. Die Form war langgestreckt; beim indirekten Sehen schätzte ich das Achsenverhältnis auf 1:5 und die Lage O-W orientiert. Im 15er höher vergrößert sah ich keine weiteren Details, aber vergleichsweise scharfe Übergänge. – War mal was Anderes.
Mit NGC 4027 konnte ich einen weiteren Teil zur Vollendung von H400 abhaken. Dieses galaktische Nebelchen war im 20er einfach sichtbar, aber ohne einen erkennbaren Kern oder Zentrum wirkte es sehr zart und diffus. „Einheitsbreit“, schrieb ich. Laut Aufzeichnungen wurde ich „dauernd unterbrochen“ – tja, so ist das auf einem Astrotreffen! Ein Kommen und Gehen. Im 15er zeigte sich NGC 4027 als sehr weich und rund. Der Kern war hart an der Grenze nur blitzweise zu erahnen. Gesamtform rund mit leicht länglichem Zentrum. Die Helligkeitszunahme zur Mitte hin war nur marginal. Fließende Übergänge. Die Galaxie hat eigentlich noch eine sehr enge Begleiterin, NGC 4027A, doch diese konnte ich nicht von der „Mutter“ trennen.
Blick auf die Uhr: Es war ja schon 00:20 Uhr! Viele sind schon weg. Die nasse Kälte kriecht in meine Polarschuhe und die übergroße Bundeswehrhose meines Bruders. Außerdem wird mir langsam ein wenig müdelig. Der Himmel ist … okay. Nicht bombastisch, aber … okay. Ich wühlte in meiner Objektliste und sah, dass ein Eintrag im Herkules scheinbar nicht durchgestrichen, und somit noch offen war: NGC 6207, die kleine Galaxie bei M 13. Ich schwenkte um. Was ich nicht ahnte: Das Ding hatte ich bereits beobachtet und auch abgestrichen, allerdings mit einem roten Filzstift. Im roten Licht der Taschenlampe sah ich das jedoch nicht. Aaaalso, NGC 6207. „Galaxie bei M 13“, heißt es hier. Im 15er sah ich sie überraschend einfach. Ein länglich-ovaler Nebel mit recht diffusen Übergängen. Ein Kern war schwer auszumachen.
An diesem Punkt ging meine Konzentration flöten und ich fand mich damit ab, dass ich wohl nichts Vernünftiges mehr zustande bringe. Ich quälte mich mit dem Abbau des Dobsons herum – zu Hilf! Es war 01:00 Uhr. Uwes Batterie war mittlerweile alle, sodass auch er handlungsunfähig war. 2°C und Eis auf den Autos. Alles war nass und beschlagen. Kallllt. Abgebaut und rein. Wir waren so ziemlich die letzten auf der Wiese.
Ein Beobachtungsbericht von AKE
Schönebeck, 13.06.2012