Die Vorzeichen standen irgendwie von vornherein schlecht. Ursprüngliche Pläne mussten verworfen werden, naja, das kommt vor. Die Abenddämmerung zeigte sich klar und bunt; ich wollte rausfahren, kam aber extrem spät von zuhause los und war entsprechend geladen. Die Laune stieg, als ich auf dem Weg zum Beobachtungsplatz wieder die Venus hoch im Westen vor der Nase hatte - wunderschöner Anblick. Die Laune fiel auf Null, als ich vor einem Sackgassenschild stand: Der Ortseingang des Dorfes, das ich durchqueren muss, war gesperrt. Was war da denn nun schon wieder los? Die kilometerweite Umleitung sollte erfahrungsgemäß 20 Minuten Zeit in Anspruch nehmen. Nein, danke... Ich wendete und beschloss, einen anderen Platz zu probieren. Ein Tipp von meinem Arbeitskollegen, der in der Nähe wohnte.
Landwirtschaftliche Verwertungsstellen könnten (könnten) interessante Beobachtungsplätze sein: Weit weg von der Zivilisation, meist gut anfahrbar, meist auf einer ebenen, befestigten Fläche. So auch das nächste Erdsilo, welches ich nun ansteuerte. Es war viel größer als das, an dem ich sonst immer vorbeidüste, aber auch frei zugänglich und rundum asphaltiert - hier könnten ganze Teleskoptreffen stattfinden; die Fläche war riesig. Ich kam gegen 22:30 Uhr dort an (nach einer kleinen Odyssee, weil ich mehrfach die Zufahrt verpasste), wusste aber noch nicht genau, ob das wirklich ein toller Platz war. Nervös machten mich die ganzen Feldwege, die dort hinführten. In meiner Vorstellung gab es mehr als genug Leute, die im Dunklen zahlreiche Müllsäcke und anderes Zeug dort verklappten, anstatt es einer ordentlichen Verwertung zuzuführen - der vielfältige Unrat, der sich im schwindenden Dämmerlicht auf dem Boden abzeichnete, deutete jedenfalls schwer darauf hin. Hm.
Dann stieg ich aus, um ein paar Meter zu laufen, und wurde von dem brutalen Gestank erschlagen. Grundgütiger. Absolut Hardcore. Ich war durchaus bereit, den Duft in Kauf zu nehmen, wenn der Platz ansonsten tipptopp ist, aber es konnte mich nicht so richtig überzeugen. Der abflauende Westwind trug den Gestank direkt zu mir hin. Bei Ostwind sähe es anders aus. Hauptproblem in diesem Moment waren aber die Zirren, die überall am Himmel zu sehen waren. Die müssten abziehen. Der Zenit bis in eine Höhe von 70° war halbwegs frei, aber ringsum war alles milchig-trüb. Das war doch gar nicht so krass angesagt? Ich zog mich erstmal wieder ins Auto zurück, um die Riechzellen zu entlasten, und wartete ab. Überlegte. Durchsuchte alle Fächer nach einer FFP2-Maske, die vielleicht noch irgendwo rumlag und nun zu letztem Ruhm und Ehre kommen könnte, aber vergeblich. Die Zeiten sind vorbei... Zum Glück.
Wollte guten Willen zeigen. Dobson aufbauen, irgendwas machen. Die Zirren wurden eher mehr als weniger und krochen im Laufe der nachfolgenden Stunde immer weiter in den Zenit, der, abgesehen davon, eigentlich ganz gut aussah. Für eine Komplettierung der M 51-Zeichnung reichte es; es war allerdings auch gefühlt das einzige Objekt, was frei war, und auch der einzige Grund, warum ich diese Zeilen überhaupt tippe. Immerhin war das Seeing ziemlich gut, sodass sich die helleren Kondensationen etwas besser absetzten, als noch vor ein paar Wochen, wenngleich auch insgesamt alles etwas schwammig schien. Zuhause hatte ich im Vorfeld die angefangene Zeichnung von A5 auf A4 übertragen, da es M 51 durchaus
verdient hat, ausreichend groß dargestellt zu werden. Spaß machte die Digitalisierung dann im Anschluss aber trotzdem nicht. Blödes Objekt; es ist so schwer, die markante Form zu treffen. Naja...
Bei diesem Gestank tat ich mir selber leid. Als ich wieder im Auto saß und nach Hause düste, blieb er in meiner Nase, denn er hatte sich irgendwie in meinen Klamotten festgesetzt. Das war der große Nachteil an Fleece. Die Zirrensituation wurde im Laufe der Nacht leider auch nicht mehr besser, wie ich feststellte, als ich um 3 Uhr wieder wach war und aus dem Fenster schaute. Im Gegenteil: Alles komplett milchig und verschleiert.