Wolkenprognose eindeutig: Ein fetter Zirrenbatzen wandert im Laufe des Abends herein und verteilt sich bis zum Morgen großflächig über Mitteldeutschland. Beobachtung? Fehlanzeige. Ich schlief sehr schlecht, hauptsächlich wegen der nervigen Halsschmerzen, und um 02:15 Uhr war eine Mücke mein Endgegner. Nach langer Suche fand ich sie zwar, konnte dann aber wegen des Hustens nicht mehr einpennen, und ein Blick durchs Fenster irritierte mich: Klarer Himmel. Nanu. Sowas aber auch. Also: Kaffee kochen, warme Sachen an und raus. Die Klamotten hätte es gar nicht gebraucht, denn es war mit 14 oder 15°C sehr mild. Transparenz nicht so berauschend wie in den Nächten zuvor; augenscheinlich klar, aber irgendwie eingetrübt. Seeing durchschnittlich wie immer. Einigermaßen windstill. Und, im Gegensatz zum Vortag, trocken.
Erstes Objekt war der Doppelstern
STF 479 im Stier, einen kurzen Schwenk östlich der Plejaden. Bei 138x getrennt und aufgeteilt in drei Sterne. A-B waren enger beisammen und leuchteten weiß bzw. weißgelb, und der deutlich schwächere C in größerer Entfernung schien rötlich zu sein. Schicker Einstand.
Man lernt nach all den Jahren immer noch nicht aus... Irgendwie kam mir die Optik komisch vor. Es ließ sich nicht richtig scharfstellen und die blähigen Sterne waren ganz seltsam in eine Richtung verzerrt; erst verdächtigte ich das Seeing, aber SO schlecht war das nun auch nicht. Hmm. Die Justage hatte ich mir beim Aufbauen ausnahmsweise geklemmt - das hatte am Vortag ebenfalls schon ohne geklappt, weil sie noch gestimmt hatte, aber vielleicht sollte ich doch mal ran... Hoppala. Die optische Achse lag komplett daneben. Meilenweit. Ich musste ewig am Hauptspiegel drehen, ehe das schöne rote Muster überhaupt mal ansatzweise in das Sichtfeld des Lasers wanderte. Was war nun so erwähnenswert, bahnbrechend und neu an dieser Tatsache? - Ich habe noch nie durch mein komplett dejustiertes Teleskop geguckt. Dieser Anblick war mir völlig fremd. Die Justage gehört normalerweise dazu wie die Befestigung der Sucher am Hut. Es folgte der Kontrollblick an STF 479: Japp, jetzt passt es! Alles wieder scharf. Was für ein verstörendes Erlebnis.
Nicht weit entfernt: Der Doppelstern
7 Tau. Bei 200x locker getrennt, aber eher langweilig; beide Komponenten farblos. Anschließend ging es zum gedoppelten Doppel
STFA 7 und
STF 401. An diese komischen Bezeichnungen und Kataloge (so viele verschiedenen Struves!) muss ich mich erstmal gewöhnen. Beide waren schön in einem Gesichtsfeld sichtbar und auch jeweils locker getrennt.
STFA 7 war weiter auseinander; die Sterne zeigten sich fast gleichhell und relativ farblos. Die Komponenten von
STF 401 waren ebenfalls ähnlich hell. A wirkte dezent gelblich und bei B tippte ich auf ein leichtes blaugrau, aber nicht so eindeutig. Das Duo war insgesamt natürlich schick, so beim gemeinsamen Anblick, aber derart farblos fand ich sie eher langweilig.
STF 427 machte hingegen mehr her. Das Doppel war Teil eines größeren Sterndreiecks, zeigte sich eng getrennt und mit Komponenten ähnlicher Helligkeiten. A war geringfügig heller und sah gelb aus, fast ein bisschen grünlich, und B tendierte ins Bläuliche. Der südliche Stern des großen Dreiecks wiederum leuchtete in einem rötlichen Ton.
Nett fand ich auch
STF 481. Bei 56x eher unauffällig, zeigte sich das Duo wesentlich schicker. Ein großer Helligkeitskontrast; während A warmorange gefärbt war, konnte ich mich bei B nicht ganz entscheiden, ob dessen Grau eine Nuance Rot oder Blau aufwies. Eher rötlich, schätzte ich. Sehr nette Farbgebung!
Es lärmte mal wieder in Richtung des Komposthaufens - der Igel war on Tour. Die Zwillinge waren inzwischen wieder bequem überm Birnbaum hinaufgeklettert; einen Offenen Haufen hatte ich dort vermerkt, den ich noch ganz gerne abgearbeitet wissen wollte:
NGC 2266, nördlich von Mebsuta und Leiter 11. Beim Aufsuchen stellte ich mich etwas dämlich an, aber dann war dieser schöne reiche Haufen leicht zu sehen und offenbarte bei 200x seinen enormen Sternreichtum. Hui! Ganz markant war die geschwungene Dreiecksform. Die drei hellsten Mitglieder standen an der Südwestspitze; nach Norden fächerte sich der glitzernde, dreieckige Teppich auf. Voll schön. NGC 2266 war aufgelöst, aber bei indirektem Sehen blieb ein nebliger Eindruck bestehen.
Immer wieder ging kurzzeitig der Wind, der sehr warme Luft mit sich brachte, was die Sterne unvermittelt aufblähte. Lustiger Effekt. Ich trank meinen Kaffee aus, machte ein, zwei Fotos, steuerte mehrere blöde Doppelsterne an, die sich nicht trennen ließen und ließ den Beobachtungsmorgen mit
STF 957 ausklingen. Dachte zuerst, dass auch der nicht zu trennen war, aber bei 138x tat sich doch noch eine Lücke zwischen den beiden Komponenten auf. A war um ein Vielfaches heller als B.
Ein langgezogener Kondensstreifen erstreckte sich quer über den Zenit - Vorbote für den Zirrusbatzen, der sich anschickte, aus Westen hereinzuwandern - später als erwartet, aber das war mir ja nur recht. So konnte ich nochmal anderthalb Stunden Teleskoparbeit verbuchen. Plötzlich war der Himmel ringsum verschmiert. Im Glanze von der Mondsichel und der strahlenden Venus packte ich ab 04:45 Uhr meinen ganzen Polter wieder ein und verkrümelte mich in die Bude.